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Moderation in SPSS mit PROCESS

1 Ziel der Moderation in SPSS (Interaktion)

Eine Moderation (auch Interaktion) unterstellt den Einfluss einer zusätzlichen Variable (=Moderator) auf eine Beziehung zwischen einer unabhängigen Variable (X) und einer abhängigen Variable (Y). Man kann auch von der Verstärkung oder Abschwächung eines vorhandenen Effektes sprechen. Dieser Artikel zeigt, wie man dies in SPSS mit PROCESS modelliert und berechnet.

 

2 Voraussetzungen der Moderation (Interaktion)

Die wichtigsten Voraussetzungen sind:  

 

3 Das Prinzip der Moderation

Eine Moderation, auch Interaktion genannt, unterstellt einen moderierenden Einfluss einer Variable (M) auf einen Zusammenhang zwischen zwei Variablen (X->Y). Im Beispiel werden sind Mathematik-Fähigkeiten die x-Variable und die Fähigkeit wissenschaftlich zu arbeiten die y-Variable. Deren Zusammenhang wird durch die Lesefähigkeiten (M) moderiert.

 

Da SPSS keine Möglichkeit bietet, eine Moderation direkt zu modellieren, muss eine Umwandlung bzw. Transformation vorgenommen werden. Der Moderator (M), die unabhängige Variable (X) als auch der Interaktionseffekt (X*M) werden gleichzeitig als unabhängige Variablen aufgenommen. Dies zeigt die folgende Abbildung:

 

Zum Glück wird einem dies dank des PROCESS-Plugins abgenommen.

 

4 Durchführung der Moderation in SPSS mit PROCESS

4.1 Definition des Modells


Zuerst wird das PROCESS-Plugin in der jeweiligen Version geöffnet – hier 4.2.

Die entsprechenden Variablen sind nun zuzuordnen. Im Beispiel ist Fähigkeit wissenschaftlich zu arbeiten (“science”) die y-Variable, Mathematikfähigkeiten (“math”) die x-Variable und die Lesefähigkeiten (“read”) der Moderator.

In PROCESS wird der Moderator zur Unterscheidung zum Mediator immer mit W bezeichnet.

Unter Model number wird 1 beibehalten.

 

4.2 Weitere Optionen


Unter dem Button “Options” verbergen sich weitere hilfreiche Möglichkeiten, die Interaktion einfacher rechnen zu lassen.

Empfehlenswert sind:

Eine Zentrierung (“Mean-Centering”) von X und M ist nicht zwingend notwendig, wird aber von vielen Autoren zur Reduktion von Multikollinearität empfohlen. Hayes (2018), S. 304-312 klärt ausführlich über diesen Mythos auf. Jedoch KANN es sinnvoll sein, wenn es um die Interpretation der Koeffizienten geht: “[…] say that you are centering to render b1 and b2 interpretable and their hypothesis tests meaningful. But only say this if they otherwise would not be meaningful. And if you aren’t reporting b1 and b2 to the reader, then you aren’t even benefiting from this reason to mean-center. In that case, there really isn’t much point to centering at all.

 

4.3 Lange Variablennamen

Unter dem Button “Long variable names” ist noch die Möglichkeit gegeben, PROCESS mitzuteilen, dass die Variablennamen länger als 8 Zeichen sind.
Aber ACHTUNG: Wenn die ersten 8 Zeichen zweier oder mehrere Variablennamen gleich sind, kommt es hier zu fehlerhaften Berechnungen!

 

4.4 Kategoriale Variablen

Unter “Multicategorical” kann festgelegt werden, ob es die x-Variable oder der Moderator eine kategoriale Variable mit 3 oder mehr Ausprägungen ist. Ist dies der Fall und wird hier entsprechend definiert, werden von PROCESS automatisch Dummys angelegt und in der Berechnung berücksichtigt. Im Rahmen dieses Beispiels ist dies nicht gegeben und wird daher ignoriert.

 

5 Ergebnistabellen von PROCESS

Nach der Berechnung durch PROCESS bekommt man einen Output, der optisch etwas vom normalen SPSS-Output abweicht. Die Interpretation erfolgt schrittweise in Punkt 6 dieses Artikels.

 

6 Interpretation der Ergebnistabellen von PROCESS in SPSS

6.1 Allgemeine Modellinterpretation

Der Übersicht wegen habe ich die Interpretation in die Teile A-E aufgeteilt.

 

A – Informationen zum Modell


Hier ist lediglich erkennbar, welche Modellnummer (hier: 1 – einfache Moderation) gerechnet wurde und welche Variablen eingehen. Schließlich wird bei Sample Size die Stichprobengröße (hier: N = 200) angegeben.


 

B – F-Test und Modellgüte


Der Output beginnt mit dem multiplen Korrelationskoeffizient (R) und dessen Quadrat (R-sq = R² = Bestimmtheitsmaß).

Sollte der p-Wert des F-Tests nicht unter einer vorher definierten Alphagrenze (z.B. 0.05) liegen, muss die Interpretation an dieser Stelle abgebrochen werden.

 


 

C – Modellkoeffizienten


Hier sind alle Koeffizienten der in das Modell eingehenden Variablen sowie die Konstante aufgelistet.
Ein erster Blick geht in die Spalte p, wahlweise LLCI und ULCI.

Ein zweiter Blick geht in die Spalte coeff.


 

D – Beitrag des Interaktionseffektes zum Modell


Die signifikante Interaktion von “math” und “read” im Modell sorgt für eine Steigerung von R² in Höhe von .0121 = 1,21% mit F(1,196) = 4.91, p = 0.0279. Das Modell mit Interaktion ist also signifikant besser als das Modell ohne Interaktion und erklärt im Vergleich 1,21% mehr der Varianz der abhängigen Variable (“science”).

Ob diese Steigerung groß ist, hängt von vergleichbaren Studien bzw. dem Forschungsfeld ab.


 

E – Bedingte Effekte des Hauptprädiktors bei Werten des Moderators

 

6.2 Grafische Betrachtung des Interaktionseffektes

Da die in E in Abschnitt 6.1 durchgeführte Interpretation erst mit etwas Übung gut klappt, empfiehlt sich eine grafische Betrachtung. Diese wird glücklicherweise, sofern in den Optionen angefordert, von PROCESS mitgeliefert – zumindest über Umwege.

Zunächst ist im Output an die Stelle zu scrollen, wo “DATA LIST FREE/” zu finden ist.
Per Doppelklick wird der Output editier- sowie kopierbar. Der Teil ab DATA LIST FREE bis zum Ende (inklusive .) ist zu kopieren.

 

 

Anschließend wird ein neues Syntaxfenster über Datei > Neu > Syntax geöffnet:

 

Nun wird der kopierte Syntax lediglich eingefügt, komplett markiert und mit Klick auf den grünen Pfeil ausgeführt.

 

Die resultierende Grafik ist ein Diagramm mit 9 Punkten.

Jeweils 3 farblich identische Punkte gehören zusammen und stellen das jeweilige Niveau des Moderators (“read”) dar.

Im Beispiel ist die untere “Linie” für die niedrige Ausprägung 42 des Moderators, die rote “Linie” für die mittlere Ausprägung 50 des Moderators und die türkisfarbene “Linie” für die hohe Ausprägung 63 des Moderators.

 

Über den Diagrammeditor (Doppelklick ins Diagramm) kann eine Interpolationslinie für die jeweilige Ausprägung des Moderators und deren Punkte hinzugefügt werden, um es optisch etwas zu vereinfachen.

 

Eine kleine optische Anpassung der Farben führt zu folgender Abbildung:

 

 

6.3 Johnson-Neyman Output

Der Johnson-Neyman Output von PROCESS ist nur eine detaillierte Variante des schon bei E in Abschnitt 6.1 beschriebenen Zusammenhanges.
Man sieht hierbei jeweils auf welchem Niveau des Moderators (“read”) welcher Effekt hinsichtlich der y-Variable (“science”) beobachtbar ist und ob dieser Effekt signifikant ist.

Erkennbar ist, dass vom niedrigen Niveau des Moderators “read” (28) bis zum hohen Niveau des Moderators “read” (69.5708) die p-Werte klein genug sind und analog die Konfidenzintervalle die 0 nicht beinhalten (Rundung beim KI für 69.5708 beachten).

Zusätzlich kann beobachtet werden, dass der Effekt eines steigenden Moderators (“read”) zwar zu einer Zunahme der y-Variable (“science”) führt, diese Zunahme aber immer kleiner ausfällt. Diese Beobachtung deckt sich entsprechend mit den schon erzielten Erkenntnissen, ist aber noch ein gutes Stück differenzierter und somit aufschlussreicher.

 

7 Videotutorial

https://www.youtube.com/watch?v=QHb1INZaGgA

 

8 Datensatz

Der von mir im Beispiel verwendete Datensatz ist der hsb2-Datensatz, der unter openintro.org im csv-Format heruntergeladen und in SPSS importiert werden kann.

 

9 Literatur

 

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